Die Hummerfischerei vor Helgoland – Fanggründe

Artikelserie von Erich-Nummel Krüss

Dem Helgoländer Hummer wurde schon immer, solange über die Insel berichtet wird, auf dem Felssockel rund um Helgoland nachgestellt. Die Hummerfischerei wurde zumeist von älteren Fischern betrieben, die die Strapazen des „In-See-Fahrens“ mit den Schellfischschaluppen zu beschwerlich fanden.

Die bienenkorbförmigen Reusen sind ab 1927 durch viereckige eiserne Hummerkörbe ersetzt worden. Foto: Museum Helgoland

Die bienenkorbförmigen Reusen sind ab 1927 durch viereckige eiserne Hummerkörbe ersetzt worden. Foto: Museum Helgoland

Sie fuhren stattdessen mit kleinem Ruder- oder Segelboot, den typischen Booten und Jollen Helgoländer Bauart, auf die Klippen rund um Helgoland und gingen dem Hummerfang nach.

Fanggründe

1. Das Felswattde Bru

Der Helgoländer Felssockel erstreckt sich um Helgoland in einem Umkreis von mehreren Seemeilen unterschiedlicher Ausdehnung, also mit unter­schiedlichen Entfernungen von der Insel. Man muß wohl Geologe sein, um zu begreifen, dass die Insel selbst einmal diese Ausdehnung hatte. Durch die diagonale Schichtung des Buntsandsteins ergeben sich im Felswatt Löcher, Höhlen und Rinnen, die natürliche Schlupflöcher des Hummer sind. Der auf dem Felswatt wachsende Seetang, ein unterseeischer Tang­wald, lässt dieses Gebiet zu einem idealen Lebensraum für den Hummer werden. Der Helgoländer nennt diese Fanggründe Bru und meint damit den gewachsenen Fels (Felswatt).

Jedes dieser einzelnen Fanggebiete hat seinen speziellen Namen:

  • Die Westseite (Wasskläow): Benners en bütters Räij, de Görtel, Moadek Görtel, de Ledderhörner
  • Nach Norden und Osten die Riffe: Driik, Nathurnbrunn, Natthoawen, Sellebrunn, Hoog Bru (de Robben)und dazwischen das Skittgatt
  • Nördlich der Düne (östlich der Insel): Wittkliff (Wittkläow), Ool Heow Bru und Kalberdoans
  • Südlich der Düne: Aadebrunn und Danskermanns Hörn
  • nach Südwesten: Hoogstean und Sathurnbrunn

Jeder Hummerfischer hatte hier sein spezielles Gebiet, wo er jede Wassertiefe, jede Landmarke und die Bodenbeschaffenheit bestens kannte. Nachdem Helgoland 1890 in den Besitz des Deutschen Reiches überging, begann schon 1907 der Bau eines Kriegshafens. Er erstreckt sich über ganz Sathurnbrunn. Dieser große Teil, der wichtigste Fangplatz der Hummerfischer, mit kleinen Ruderbooten leicht zu erreichen, ging den Fischern verloren. Noch vor dem Zweiten Weltkrieg, als mit dem Kriegshafen-Projekt „Hummerschere“, das Nordost-Gelände auf einem Teil von Nathurnbrunn und dem Nordstrand der Düne auf Wittkläow, Ool Heow Bru und Kalberdoans mit Sand der Loreleybank Aufspülungen stattfanden, konnte auch auf diesen Fanggründen nicht mehr gefischt werden. Weil das Felswatt (de Bru) nur eine sehr begrenzte Ausdehnung hat, ist die Hummerfischerei rund um Helgoland dadurch stark eingeengt.

Hummerfanggründe um Helgoland (De Bru). Abb.: Museum Helgoland

2. Steingrund

Nachdem der Schellfischfang keinen Gewinn mehr brachte, verlegten sich auch mehr und mehr jüngere Helgoländer auf den Hummerfang. Dadurch wurden natürlich die Fanggründe für den Einzelnen immer kleiner, der Versuch sich auszudehnen, konnte aber nur gelingen, wenn man weitere, abgelegenere Fanggründe, auf denen es Hummer gab, fand. Die Motorisierung der Helgoländer Boote, die jetzt die Größe der damaligen Schaluppen und jetzigen Börteboote erreichen, machte es möglich, „Steingrund“, ein Gebiet 6 Seemeilen östlich von Helgoland, anzusteuern und zu befischen.

„Steingrund“ ist etwa seit 1890 bekannt. Es ist angeordnet wie ein großer Rundwall mit größeren Zwsichenräumen, wobei die flachste Stelle nur rund sechs Faden1 Tiefe misst. Es ist durchaus möglich, dass dieses eine menschliche Siedlung gewesen ist, als die Nordsee noch nicht so tief und Helgoland mit der Halbinsel Eiderstedt verbunden war. Ob aber die Theorie des Pastors Spanuth, hier Altlantis vorzufinden, richtig ist, wird jedoch von vielen Wissenschaftlern in Frage gestellt.

„Steingrund“ setzt sich zusammen aus vier einzelnen Fangplätzen:

  • Östlich: Deät Flakkens (das Flache) mit rund sechs Faden Wassertiefe (zwei Parallelwälle auf denen nur auf dem westlichen Wall Hummer gefangen wurden, der östliche Wall war von Seespinnen bevölkert).
  • Nördlich: Deät lung Stek (Das lange Stück)
  • Westlich: Deät Westers (sagt der Name = Westliche)
  • Südlich: Felseneck (benannt nach den Landmarken = Der Kirchturm stand im Felseneck), hier wurden fast nur blaue Hummerweibchen gefangen.

3. Fiirs Noorden

Im Jahre 1929 fischte der Helgoländer Henry Reymers, Spitzname „Spikkerpeter“, mit einem dänischen Fischkutter (Trawler) 10 bis 11 Seemeilen nördlich von Helgoland, als sein Schleppnetz hakte. Eine Lotung mit dem Handlot ergab, dass hier Steine lagen. Wie sich später herausstellte, handelte es sich um eine Endmoräne aus der Eiszeit, von denen es mehrere in der Nordsee gibt. Nachdem die Position mit Lot und Landmarken klar war, (Nuthurngatt fiir eepen = weit offen, man konnte weit zwischen Nordspitze und Lange Anna hindurchblicken), fuhr Reymers mit seinen Hummerkörben dort hinaus und war sehr erfolgreich.

Er fing Hummer, die übersät waren mit Seepocken. Dies bedeutete, dass die Hummer wohl ihr gesamtes bisheriges Dasein dort zugebracht hatten. Er konnte sein Wissen nicht geheim halten, und so fuhren schon bald mehrere Helgoländer Hummerfischer in dieses Gebiet. Sie nannten es Fiirs Noorden (weitest abgelegenes Norden), loteten es für ihre Zwecke aus und befischten es. Es war ein größeres Areal mit Geröllfeldern und Steinen, aber auch mit einzelnen Gesteinsgruppen, auf denen nur vir oder fünf Hummerkörbe Platz fanden.

Die Hummerfischerei war dort wegen der Entfernung von der Insel, der größeren Wassertiefe, der Distanz der einzelnen Felder zueinander, der fehlenden exakten Landmarken, der starken Gezeitenströmung und des Schiffsverkehrs sehr viel schwieriger als auf dem Felssockel. In den ersten Jahren nach der Entdeckung Fiirs Noordens war der Ertrag der Hummerfischerei dadurch höher als in den Jahren davor, dies beweisen die Statistiken.

4. Ool Noorden

Ool Noorden ist schon sehr lange bekannt und liegt etwa zwei Seemeilen nordöstlich von Sellebrunn. Auch hier liegen Findlinge und Geröll, die eventuell aus der Eiszeit stammen.

(Gestaltung: Andreas Bubrowski)

  1. Nautischer Faden (fm – engl. „Fathom“), 1 fm = 1,8288 m, 6 Faden entsprechen knapp 11 Metern

Artikel zur Serie

  1. Die Hummerfischerei vor Helgoland – Fanggründe (24.02.2013)
  2. Fanggeräte und Methoden der Hummerfischerei (29.03.2013)
  3. Fangmengen und Fangzeiten der Hummerfischerei (30.04.2013)
  4. Hummerhandel und Hummerversand (31.07.2013)
  5. Hummerfang nach dem Zweiten Weltkrieg (30.09.2013)

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